Groß Laasch - Ausflüge in die Erinnerungswelt
Mein Handy, mein Leben und der ganze Rest: 14 Kinder aus Groß Laasch beteiligen sich an außergewöhnlichem Medienprojekt
Wer etwas erfahren möchte, sollte gut zuhören können. Besonders junge Menschen haben viel zu erzählen. Über sich selbst. Über ihr Leben. Über ihre Erlebnisse und die Welt, in der sie aufwachsen. Das birgt positive wie negative Erfahrungen gleichermaßen. Letztere machte Leo Zedel: „Als ich mal einen neuen Trick mit dem Fahrrad versuchte, bin ich in eine Kuhle gefahren und gestürzt. Dabei habe ich mir das Bein verstaucht. Das tat ganz schön weh“, erinnert sich der 12-Jährige, der dieses Erlebnis wohl niemals vergessen wird. Ebenso wenig das Zeltlager mit der Feuerwehr, wo er ein Mädchen kennengelernt habe, die eine Zeit lang seine Freundin gewesen sei. Der Groß Laascher Bursche weiß also um die Ausflüge in die brüchige Erinnerungswelt, die nicht immer nur von Spielen und Lachen geprägt ist. Leo ist deshalb auch einer von 14 Kindern im Alter zwischen zehn und 12 Jahren, die sich dieser Tage an einem außergewöhnlichem Medienprojekt des Jugendwerks der Awo beteiligen. Und die Stätten ihrer Erfolge, Niederlagen und Erfahrungen jeglicher Art mit der Kamera, Handy oder Tablet aufsuchen. Um ihre Erinnerungen letztlich mit anderen zu teilen.
Bei Erwachsenen heißt es oft: Die schönsten Erinnerungen habe man an die eigene Kindheit. Als eine unbeschwerte Zeit. Die ist es auch noch für Klara Zedel, die kleine Schwester von Leo.
„Ich habe das Mikro getragen“, sagt die Neunjährige stolz. Sie hat ihre Filmcrew zum alten Jugendclub geführt. Dorthin, wo sie ihre „Susi“ vor drei Jahren das erste Mal getroffen, schätzen und auch ein bisschen lieben gelernt hat. „Bei ihr kann jeder machen, wozu er Lust hat. Sie schreibt uns nichts vor. Außer dem Aufräumen“, erzählt die kleine Dame selbstbewusst. Ebenso wie Lars Schmidt, der ebenfalls des Lobes voll ist über Susanne Liedtke, die bei den Mädchen und Jungen hoch angesehen zu sein scheint. Sie ist es auch, die das Medienprojekt ins Dorf geholt hat, das Valentino Klimt einfach nur „cool“ findet. „Ich habe gelernt, wie ein Video gedreht wird. Das ist spannend. Ebenso wie Spezialeffekte und Actionszenen“, berichtet der 12-Jährige begeistert.
„Ich war positiv überrascht, wie gut sich die Kinder vorbereitet haben, welche Fragen gestellt wurden und wie toll das Miteinander im gesamten Team funktioniert hat“, freut sich Susanne Liedtke, seit 2005 in der örtlichen Gemeinde als Sozialarbeiterin angestellt. Auch ist die 48-Jährige Chefin des Jugendclubs. Einer Aufgabe, der sie sich mit Herz und Seele verbunden fühlt. Das spüren auch die ihr Anvertrauten, die sich von Katzenfreundlichkeit nicht täuschen lassen. Wer sie von sich überzeugt, bekommt grenzenlose Loyalität.
„Es ist eine tolle Truppe, deren Gruppengefüge und gegenseitige Hilfsbereitschaft mir zeigt, dass in Groß Laasch eine hervorragende Jugendarbeit geleistet wird“, sagt Mark Sternkiker, der Medienpädagoge aus Rostock, der den Kindern zur Seite steht. Mit Rat und Tat. „Sie dürfen den Film machen, den sie wollen. Keiner schreibt ihnen was vor. Auch was Sprache und Ausdrücke betrifft. Natürlich gibt es Grenzen. Mensch oder Tier dürfen für die Aufnahmen nicht gequält werden“, stellt der 43-Jährige klar, der sich bei den Filmvorführungen nicht selten aus dem Häuschen zeigt über die witzigen wie schrägen Einfälle der kleinen Regisseure. „Es geht in diesem Projekt darum, ein Sprachrohr für die jungen Menschen zu finden, ihre Jugendkultur ernst zu nehmen und ihnen mal nichts zu verbieten.“
Thorsten Meier
SVZ am 01.07.2020
Bild zur Meldung: In drei kleinen Trupps ziehen die Kinder durch das Dorf Groß Laasch an die Stätten ihrer Erinnerungen. Dabei kommen sie auch an Susanne Liedtke (l.) nicht vorbei, die für die Mädchen und Jungen eine wichtige Bezugsperson ist. Thorsten Meier